Erklärung der Bürgermeisterdienstversammlung im Kreis Offenbach
Erklärung der Bürgermeisterdienstversammlung im Kreis Offenbach
Die Bürgermeister der 13 Städte und Gemeinden im Kreis Offenbach richten gemeinsam
mit den drei hauptamtlichen Kreisausschussmitgliedern des Kreises Offenbach diese
Resolution an das Land Hessen und die neue Bundesregierung:
1. Es wird festgestellt, dass die Haushaltslage der kommunalen Ebene desolat ist.
Trotz Rekordeinnahmen kann der Kreis Offenbach ohne Erhöhung der Kreisumlage
die Pflichtausgaben nicht leisten. Angesichts von freiwilligen Leistungen in Höhe
von 0,28 Prozent kann von kommunaler Selbstverwaltung nicht mehr gesprochen
werden.
2. Die Herausforderungen, vor denen Kreis, Städte und Gemeinden stehen, sind
vielfältig: steigende Kosten für soziale Dienstleistungen, die Notwendigkeit, in die
Infrastruktur zu investieren und die Verantwortung, unseren Bürgerinnen und
Bürgern ein lebenswertes Umfeld zu bieten. Diese Aufgaben sind jedoch nur mit
einer angemessenen finanziellen Ausstattung zu bewältigen. Leider sehen wir uns
zunehmend mit der Realität konfrontiert, dass die Mittel, die uns zur Verfügung
stehen, nicht ausreichen, um unseren Verpflichtungen nachzukommen.
3. Die Städte und Gemeinden stehen längst mit dem Rücken an der Wand. Das
Weiterreichen der Belastungen wird zu Leistungseinschränkungen oder weiteren
Erhöhungen von Grund- oder Gewerbesteuern führen. Der Verlust an
Lebensqualität und die Zerstörung gewachsener Strukturen wären die Folge. Die
kreisangehörigen Städte und Gemeinden können ohne einschneidende
Maßnahmen die zu erhebende Kreis- und Schulumlage nicht mehr decken, da sie
selbst notleidend sind.
4. Die Ansprüche an staatliches Handeln müssen dringend an die vorhandenen
Ressourcen angepasst werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den
massiven Anstieg im Bereich der Aufwendungen für Sozial- und Transferleistungen.
5. Dem Kreis Offenbach fehlt insbesondere angesichts enormer Aufwendungen für
Jugend-, Sozial und Eingliederungshilfe jeglicher Handlungsspielraum. Rund 60
Prozent (585 Millionen Euro) sind dafür im Haushalt 2025 vorgesehen. Da die
völlige Refinanzierung nicht gegeben ist, müssen 195,7 Millionen Euro aus
kommunalen Mitteln dafür aufgebracht werden. Die immer weitergehende
Regelungsdichte der bundes- und landesrechtlichen Vorgaben führt dazu, dass den
Kommunen kaum noch sachliche Gestaltungspielräume bleiben. Der Kreis
Offenbach ist im hohen Umfang zur Erfüllungsebene für Aufgaben geworden. Sie
werden auf staatlichen Ebenen beschlossen und sind mangels ausreichender
Finanzierung am Ende durch kommunale Steuern zu bezahlen. Die entsprechende
Finanzierung erfolgt jedoch nicht. So wurden zum Beispiel Ansprüche auf
Ganztagsbetreuung ab 2026 an den Schulen auf Bundesebene geschaffen, die
Umsetzung und Finanzierung müssen die Kommunen schultern.
6. Ein weiterer drastischer Kostenfaktor für die Städte und Gemeinden ist die von der
Landesregierung beschlossene kostenfreie Kinderbetreuung im Ü3-Bereich für die
ersten sechs Betreuungsstunden. Inzwischen trägt das Land Hessen nicht einmal
mehr die Hälfte der Kosten, welche den Kommunen tatsächlich für das
Betreuungsangebot entstehen. Wenn das Land eine Kostenfreiheit beschließt,
dann muss es dafür auch kostendeckend aufkommen.
7. Die finanzielle Handlungsfähigkeit des Kreises und damit schlussendlich auch der
Städte und Gemeinden darf nicht länger von Bund und Land gefährdet werden.
Es ist fünf nach zwölf für die kommunale Selbstverwaltung. Es besteht mehr als dringender
Handlungsbedarf. Deshalb fordern die kommunalen Verantwortungsträger im Kreis
Offenbach die neue Bundesregierung sowie das Land Hessen auf:
1. Wir fordern Bund und Land auf, für eine ausreichende Finanzierung der an die
Kommunen (Landkreise sowie Städte und Gemeinden) übertragenen Aufgaben zu
sorgen. Die kommunale Selbstverwaltung ist verfassungsrechtlich geschützt.
2. Ohne eine kostendeckende finanzielle Ausstattung dürfen keine zusätzlichen
Aufgaben durch EU, Bund oder Land auf die kommunale Ebene übertragen werden.
3. Alle künftigen Gesetzesvorhaben müssen die Auswirkungen auf die Kommunen
und Landkreise berücksichtigen.
4. Aussetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab
2026 bis zur Klärung der Finanzierung.
5. Die Neuregelung der Kommunalfinanzen, insbesondere der Verteilsystematik von
Steuergeldern, muss oberste Priorität haben.